Es ist kein Geheimnis, dass man im Anlagenbau sehr von Wiederholkunden profitiert: Man kennt sich, die Kommunikation ist etabliert und man versteht einander. Aufwändige Referenzbesuche braucht es nicht mehr, man kann auf den Erfahrungen aus dem bereits installierten System zugreifen… kurz:
- die Transaktionskosten sind geringer
- die technische und planerische Unsicherheit ist geringer
- der Zeitaufwand ist geringer
- die erwartbare Gewinnmarge des Projekts ist höher — nicht zuletzt, weil man vielleicht auch um den Ausschreibungsprozess herumkommt.
Umso erstaunlicher ist es, dass vielerorts – und das gilt mindestens für die Lager-Automatisierung, ähnliches hört man aber auch aus anderen Branchen – das Wiederholkundengeschäft eher zufällig passiert, anstatt strategisch etabliert und bewusst betrieben zu werden. Und nicht nur passiert es eher zufällig, aber mit wenigen Ausnahmen (die Firma Witron z.B. hat eine sehr hohe Quote an Wiederholkunden, vermutlich branchenweit führend) ist es äußerst gering ausgeprägt.
Als eine Ursache lässt sich die Organisations- und Prozessstruktur der Anlagenbauer identifizieren:
- Der Vertrieb plant und bleibt involviert bis zur Vertragsunterschrift.
- Dann wird das Projekt an die Abteilung Projektmanagement übergeben. Diese bleibt involviert bis zur Endabnahme.
- Dann wird das Projekt an die Service-Abteilung übergeben. Und bei dieser bleibt es dann. Der Vertrieb ist zu diesem Zeitpunkt schon längst raus, hat häufig nicht einmal mehr Kontakt zum Kunden.
Auf Grund der hohen Umsetzungszeiträume im Anlagenbau – zwischen Vertragsunterschrift und Endabnahme liegen mindestens mehrere Monate, manchmal mehrere Jahre – ist das auch nicht verwunderlich. „Wie sollte es auch sonst sein?“, könnte man fragen, denn schließlich muss der Vertrieb ja Geld verdienen und hat ohnehin häufig mehr potentielle Kundenprojekte in der Pipeline, als bearbeitet werden können.
Die Struktur hat sich bewährt. Allerdings nur für die Arbeit mit Erstkunden. Die Quote an Wiederholkunden ist auf Grund dieser Struktur deutlich niedriger, als sie sein könnte. Darunter leidet auch die Marge: Zwar konnten nahezu alle bekannten Lager-Automatisierer in den letzten Jahren regelmäßig Rekordumsätze verbuchen. Die EBIT-Marge ist jedoch trotz des Rekord-Marktes häufig nicht beeindruckend ausgefallen. Ein paar wenige Anbieter haben es sogar fertiggebracht, Geld zu verlieren.
Wiederholkunden, die finanziell attraktiver sind, kann man so jedenfalls höchstens zufällig gewinnen. Die Mitarbeiter, die den Kundenkontakt halten (in der Regel aus der Abteilung Service & Maintenance) habe andere Ziele, andere Fähigkeiten und in der Regel eine andere Persönlichkeit als Vertriebsmitarbeiter. Der Verkauf von Anlagenerweiterungen, Anlagenverbesserungen oder Neuprojekten wird sich auf niemandes Jahresbonus in der Service-Abteilung auswirken. Diese Dinge sind Vertriebssache.
“At the moment, we are working together like we are best friends. But in a few months, you will dump 2.000 tons of steel in my backyard and then I will never hear from you again.”
Kunde zu Vertriebsingenieur
Ein anderes Problem, das sich aus der beschriebenen Struktur ergibt, ist, dass aus fertiggestellten Projekten häufig nichts gelernt wird. Bis die Anlage errichtet und hochgelaufen ist und Planungsfehler, falsche Annahmen, unergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen, Sequenzierprobleme, Leerläufe an Kommissionierstationen etc. auffallen, vergeht viel Zeit. Der Ingenieur, der die Anlage mal geplant hat, erfährt von ihrer Leistung häufig wenig bis nichts, wenn er nicht selbst nachforscht. Und so werden die gleichen Planungsfehler wieder und wieder gemacht.
Was spricht also dagegen, im Vertrieb gezielt Mitarbeiter für die Betreuung von Bestandskunden über den gesamten Projektlebenszyklus abzustellen? Diese Mitarbeiter haben die Aufgabe, als „one face to the customer“ zu dienen. Sie begleiten den Projektierungsingenieur in der finalen Phase der Planung, sie begleiten das Projektmanagement, sie bleiben involviert nach Übergabe an die Service-Abteilung. Sie erleben, wie gut die Anlage in der Praxis läuft, was man hätte besser planen können, was man in der Bestandsanlage optimieren könnte, wie zufrieden der Kunde mit der Anlage ist… Sie haben den Finger am Puls des Kunden und bekommen als erste mit, wenn der Kunde über Anlagenerweiterungen oder Neuprojekte nachdenkt, bevor der Kunde mit seinem Anliegen zum Berater, der für das Folgeprojekt eine Ausschreibung erstellt, bei welcher der Bestandslieferant wieder gegen den ganzen Wettbewerb antreten und sich die Marge durch Preiswettbewerb ruinieren lassen darf.
Nennen wir diese Mitarbeiter einfach mal Customer Happiness Manager. Das trifft es ganz gut. Man könnte sie auch Bestandskundenbetreuer nennen. Dies sind nicht die klassischen Key Account Manager, die am Ende ja doch nur mit dem Kunden sprechen, wenn sich ein Neuprojekt anbahnt. Genau das wollen wir hier unterscheiden.
Die Kosten für so einen Mitarbeiter sind lächerlich gering: wenn durch seine Arbeit alle paar Jahre ein Projekt verkauft wird, ist sein Gehalt wieder auf Jahre bezahlt. Außerdem sind die betreuten Kunden happy und der Feedback Loop, der das Lernen für die Projektplanung ermöglicht, wird endlich geschlossen.
Klingt wie ein no-brainer, nicht?
Deswegen haben wir in unserem Online Shop jetzt eine Stellenbeschreibung für genau diese Position im Angebot. Die Stellenbeschreibung Nr. 907 für den Customer Happiness Manager bzw. Bestandskundenbetreuer behandelt im Detail die Ziele der Stelle, ihre organisatorische Einordnung, an wen der Mitarbeiter berichtet, wen er berät, was er tut… Der Customer Happiness Manager steigert die Quote an Wiederholkunden und unterstützt das Lernen aus abgeschlossenen Projekten.
Lassen Sie mich wissen, was Sie darüber denken. Ich freue mich auf Ihr Feedback!