Formen der Aufbauorganisation und ihre Dokumentation

Bevor wir uns mit Stellenbeschreibungen befassen können, müssen einige grundsätzlich und häufig zu Missverständnissen führende Begriffe und Zusammenhänge wenigstens kurz erklärt werden. Der nachfolgende Text erklärt Stellenbeschreibungen im Kontext verschiedener Organisationsformen.

Voraussetzung für eine beständige Organisation ist eine dauerhafte Gesamtaufgabe, die sich in Teilaufgaben zerlegen lässt. Nur was sich wiederholt, was wiederkehrt, kann organisiert werden.

Typische Grundformen betrieblicher Aufbauorganisationen sind das Einliniensystem und das Mehrliniensystem. Als Kriterium der Unterscheidung gilt die Antwort auf die Frage, ob ein Mitarbeiter einen einzigen oder mehrere Vorgesetzte hat (und haben darf).

Im Einliniensystem hat jeder Mitarbeiter nur einen Vorgesetzten. Dadurch ist bei dieser Form der Aufbau¬organisation die Einheit der Auftragserteilung gesichert. Dies bedeutet, dass immer nur zwischen zwei auf¬einanderfolgenden hierarchischen Stufen Vorgesetzten-Mitarbeiterverhältnisse bestehen. Sich widersprechende Anweisungen von mehreren Vorgesetzten können so nicht zustande kommen. Der Vorteil des Einliniensystems ist somit der eindeutig gegliederte Aufbau mit einer klaren Zuordnung der Führungsaufgaben der damit verbundenen Befugnisse. Dieser Vorteil bleibt auch dann bestehen, wenn es im Unternehmen Stellen gibt, die gegenüber anderen Stellen in ganz genau definierten Angelegenheiten ein Weisungsrecht haben, ohne gleichzeitig diesen Stellen überstellt zu sein. So hat der Leiter Qualitätssicherung ein Weisungsrecht gegenüber unterschiedlichen Stellen in Fragen der Qualitätssicherung, der Leiter EDV wird ein Weisungsrecht hinsichtlich der Organisation der Festplatten auf den Arbeitsplatzrechnern u.ä. haben, in bestimmten Angelegenheiten könnte auch der Verwaltungsleiter ein Weisungsrecht gegenüber anderen Stellen haben usw. Gibt es solche Weisungsbefugnisse nichtvorgesetzter Stellen, so muss es dafür allerdings zwingende Gründe geben. Gleichzeitig muss sichergestellt sein dass es dabei nicht zu Kompetenzüberschneidungen kommt.

Im Mehrliniensystem ist eine untergeordnete Stelle mehreren übergeordneten (vorgesetzten) Stellen unterstellt. Der Nachteil dieser Organisationsform ist die nicht eindeutige Kompetenzregelung mit der Gefahr von Über­schneidungen und von Widersprüchen. In seiner Zweckmäßigkeit ist das Mehrliniensystem dem Einliniensystem immer unterlegen, da häufig die elementarsten Dinge unklar sind, die verschiedenen Vorgesetzten sich widerspre­chen und die Motivation der Mitarbeiter darunter stark und nachhaltig leidet. Die klassische Erscheinungsform eines Mehrliniensystems ist die Matrixorganisation. Die Stellen werden bei der Matrixorganisation nach dem Merkmal Objekt und Verrichtung gebildet. Bei dieser Struktur konzentrieren sich die Mitarbeiter oder Abteilungen auf eine zufriedenstellende Erledigung einer Teilaufgabe. Sie haben ihre Tätigkeit, nicht das Produkt oder Projekt als ganzes im Auge. Aus diesem Grund setzt die Unternehmensleitung für wichtige Produkte oder Projekte besondere Führungskräfte für die Koordination der Aufgaben ein, die in den einzelnen Abteilungen erledigt werden. Neben die Hierarchie aus zum Beispiel Einkauf, Produktion und Verkauf tritt bei der Matrixorganisation eine zweite Führungsebene: Die Produktmanager. Das Unternehmen durchziehen also zwei Kompetenzsysteme mit allen Nachteilen, die sich daraus fast zwangsweise ergeben. Dieser “Albtraum mit zwei Dimensionen” – so der sehr treffende Titel eines Aufsatzes in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung[1], ist gerade für qualifizierte Mitarbeiter einer der häufigsten Kündigungsgründe.

Jede Organisation ist in sich gegliedert, und zwar sowohl vertikal als auch horizontal. Die vertikale Gliederung ist eine hierarchische und dient der Durchsetzung des Willens der Organisations- bzw. Unternehmensspitze. Seit einiger Zeit findet man in der veröffentlichten Meinung verbreitet die Ansicht dass alles, was mit einer Hierarchie zu tun hat, nicht zeitgemäß sei. Dabei meint der Begriff “Hierarchie” nichts anderes als die Festlegung einer Rangordnung, also eine Unter- und Überstellung einzelner, mit klaren Merkmalen versehenen Stellen, ursprünglich innerhalb der Kirche, heute in allen politischen, wirtschaftlichen, privaten, gemeinnützigen oder profitorientierten Organisationen. In unserer Kultur gibt es im öffentlichen Leben keine hierarchiefreien Räume, egal ob das nun einer gut findet oder nicht. Die Frage kann also nicht lauten: Hierarchie ja oder nein, sondern nur: Wie gehen wir damit um, wie gestalten wir die Verhältnisse innerhalb des hierarchischen Systems Wirtschaftsunternehmen usw. Die Antworten auf diese Fragen werden sehr stark geprägt sein vom Führungsverständnis, vom Menschenbild und ganz allgemein von der Bildung des einzelnen.

Das Organigramm (Organisationsdiagramm, Betriebsgliederungsplan, Strukturplan) ist die graphische Darstel­lung der Aufbauorganisation. Das Organigramm zeigt

  • die Stellengliederung und ihre Zusammenfassung zu Organisationseinheiten,
  • die hierarchische Ordnung der Instanzen.

Da das Organigramm nichts aussagt über Ziele, Aufgaben und Befugnisse (Kompetenzen) der einzelnen Stellen, verlangt es geradezu nach einer Konkretisierung durch Stellenbeschreibungen.

Das Funktionendiagramm (Aufgabenverteilungsplan) ist eine in Matrixform dargestellte Übersicht von Aufgaben und Befugnissen einzelner Stellen. Den einzelnen zu erledigenden Aufgaben werden die Befugnisse der einzelnen Stellen zugeordnet. Je nach Bedarf kann die Art der Befugnisse (A = Ausführung, E = Entscheidung, K = Kontrolle, P = Planung, X = Gesamtaufgabe, B = Beratung) qualitativ erweitert und stärker gegliedert werden. Stellenziele (permanente wie temporäre) sind nicht verzeichnet. Deshalb eignet sich ein Funktionendiagramm als Aufgabenver­teilungsplan nicht dazu, ein Gesamtbild einer Stelle zu bekommen.

Mit dem Funktionendiagramm ist es nicht möglich, die Aufgaben und/oder Kompetenzen einer Stelle vollständig und in all ihren Ausprägungen zu erfassen.

Auch sind Funktionendiagramme nicht geeignet, um Prinzipien einer Führungskonzeption transparent zu machen. Das Funktionendiagramm sagt auch nichts aus über die Abgrenzung einer Stelle gegenüber anderen Stellen im Unternehmen, etwa hinsichtlich der Stellenziele.

Die Arbeitsplatzbeschreibung ist keine Stellenbeschreibung, sondern ein Mittel der analytischen Arbeitsplatzbe­wertung. Sie dient der Untersuchung von Arbeitsplätzen hinsichtlich ihrer Aufgaben und Ausstattung, der Arbeitsbedingungen, des Arbeitsablaufs, der erforderlichen Qualifikation des Stelleninhabers sowie der auftretenden Belastungen. Die Arbeitsplatzbeschreibung beschreibt, was am Arbeitsplatz geschieht. Damit ist sie die Vorausset­zung für eine vergleichbare Bewertung der unterschiedlichen Arbeitsplätze und für eine relativ gerechte Belohnung.

Die Arbeitsplatzbeschreibung ist nicht mehr als ein erweiterter Pflichtenkatalog. Sie kann deshalb keine Basis für das selbständige Handeln und Entscheiden des Mitarbeiters abgeben.

Eine Aufgabenbeschreibung beschreibt nur die Aufgaben einer Stelle. Stellenziele kennt die Aufgabenbeschrei­bung – wie ihr Name ja schon sagt – nicht. Aktuellen Ansprüchen genügt die Aufgabenbeschreibung nicht, da das Fehlen von Zielen den Stelleninhaber zu einem rein ausführenden Organ degradiert. Er kann der Aufgaben­beschreibung nicht entnehmen, was er mit den von ihm zu verrichtenden Aufgaben erreichen soll. Umgangs­sprachlich wird Aufgabenbeschreibung und Stellenbeschreibung häufig synonym gebraucht, was nicht selten zu folgenschweren Missverständnissen führt. Alles, was hier über die Aufgabenbeschreibung gesagt wurde, gilt auch für die sogenannte Tätigkeitsbeschreibung. Es handelt sich dabei um eine Aufgabenbeschreibung, um nichts anderes.

Der Stellenbesetzungsplan ist eine Aufstellung der Inhaber der einzelnen Stellen. Der Stellenbesetzungsplan enthält manchmal auch den Ausweis der hierarchischen Stufe der Stelle, die Stellvertretung des Stelleninhabers und die Zahl der Mitarbeiter.

Stab und Linie: Diese Begriffe erfreuen sich neuerdings wieder einer größeren Verbreitung. Man muss jedoch auch klar sagen, dass sie sehr häufig falsch gebraucht werden. Die ursprüngliche, aus dem Militär stammende Definition ist eindeutig: Stab berät, Linie entscheidet. Vor allem der Begriff „Stabsstelle“ wird heute häufig für alle möglichen „wichtigen“ Stellen benutzt, die man nicht richtig ins Organigramm einordnen kann. Andererseits muss man feststellen, dass wir in einem modernen Unternehmen heute wohl kaum noch Stellen haben, die entweder nur entscheiden (und keine Beratungsfunktionen haben) oder nur beraten (und keine Entscheidungsfunktionen haben). Man macht also nichts falsch, wenn man diesen Begriffen heutzutage einen praktischen Nutzen abspricht.

Was also ist eine Stellenbeschreibung? Und weshalb sollte man sie einführen? Erfahren Sie hier mehr.


[1] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.06.2006