Sind Stellenbeschreibungen mitbestimmungspflichtig?

Wer darf mitsprechen, wenn es um Einführung und Inhalt von Stellenbeschreibungen geht? Sind Stellenbeschreibungen mitbestimmungspflichtig? Welche Rolle spielt der Betriebsrat? Darf der Arbeitnehmer Stellenbeschreibungen ablehnen?

Wer sich über Rechtsfragen im Zusammenhang mit Stellenbeschreibungen den Kopf zerbricht, sollte zuerst einmal wissen, was Stellenbeschreibungen sind und wie diese aufgebaut sind. Wir setzen dies nun voraus und stellen fest, dass Stellenbeschreibungen

  • Klarheit schaffen hinsichtlich Unter- und Überstellung der Stelle, hinsichtlich der Zielen, der Aufgaben und Befugnisse (und damit auch Verantwortung) sowie hinsichtlich der Regelung der Stellvertretung einer Stelle;
  • demzufolge niemandem schaden, aber allen nützen;
  • der Betriebsrat ein großes Interesse an der Einführung von Stellenbeschreibungen haben müßte (wie der Stelleninhaber und die Geschäftsführung natürlich auch).

Warum also sollte jemand Stellenbeschreibungen verhindern wollen? Aber wie sieht es mit rechtlichen Regelungen aus? Gibt es solche überhaupt? Der Verfasser dieses Textes ist kein Jurist, hat sich aber die Mühe gemacht, nach Hinweisen in Gesetzestexten und Gerichtsurteilen zu suchen, die etwas mit Stellenbeschreibungen zu tun haben könnten. Dabei habe ich folgendes gefunden:

“Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten…“ (§§ 81, Abs. 1 BetrVG).

“Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.“ (§§ 81, Abs. 2 BetrVG)

“Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen.“ (§§ 82, Abs. 1 BetrVG)

“Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen…“ (§§ 91 BetrVG)

“Dieses Gesetz (BetrVG – der Verfasser) findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.“ (§§ 118, Abs. 2 BetrVG)

Aus diesen Regelungen lässt sich herauslesen, dass Mitarbeiter, etwas verkürzt ausgedrückt, einen Anspruch auf Stellenbeschreibungen haben; zumindest aber auf jene Klarheit, die Stellenbeschreibungen erst ermöglichen.

Andererseits besteht kein Zweifel daran, das die Einführung von Stellenbeschreibungen durch den Betriebs- oder Personalrat nicht verhindert werden kann. Bereits am 31.01.84 stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil kategorisch fest: „Mitbestimmungsrechte bestehen bei der Erarbeitung von Stellenbeschreibungen nicht.“ (BAG-Urteil vom 31.01.84, DB 84, Seite 1199).

Besondere Bedeutung können Stellenbeschreibungen auch als Mittel zur Vertragsgestaltung haben. Bezieht der Arbeitgeber eine Stellenbeschreibung ausdrücklich oder konkludent in den jeweiligen Arbeitsvertrag ein, besteht grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitnehmers, auf der Basis der Stellenbeschreibung beschäftigt zu werden.

Fazit: Stellenbeschreibungen sind nicht mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat muss bei der Erarbeitung und dem Einsatz von Stellenbeschreibungen überhaupt nicht beteiligt werden. Insbesondere ist der Arbeitgeber frei in seiner Entscheidung, ob, für welche betrieblichen Aufgabenbereiche und mit welchem Inhalt er Stellenbeschreibungen erstellt. Soweit der Arbeitgeber allerdings den Betriebsrat von personellen Einzelmaßnahmen zu unterrichten hat, hat er regelmäßig auch bestehende Stellenbeschreibungen mit vorzulegen.[1] Davon abgesehen, kann es aber durchaus sinnvoll sein, den Betriebsrat bei der Einführung von Stellenbeschreibungen ausreichend zu informieren und ggf. auch in dieser Materie zusammen mit den Führungskräften zu schulen. Dass dies nur dann eine Option ist, wenn sich der Betriebsrat kooperativ und gegenüber dem Unternehmen und seinen wohlverstandenen Interessen loyal verhält, dürfte selbstverständlich sein.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers

Das Inkraftsetzen einer Stellenbeschreibung ist eine Dienstanweisung und geht zurück auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Eine wie auch immer geartete Mitwirkung des Betriebs- oder Personalrats daran ist nicht erforderlich und kann auch nicht erzwungen werden; die vorliegenden Gerichtsurteile in dieser Angelegenheit lassen keine Deutungsspielräume zu (siehe dazu das Kapitel “»Sind Stellenbeschreibungen mitbestimmungspflichtig?«). Ein paar Überlegungen zum Direktionsrecht des Arbeitgebers scheinen an dieser Stelle aber doch angebracht: Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten eines Unternehmens oder einer Organisation werden durch eine Vielzahl von rechtlichen Faktoren bestimmt. Neben dem Einzelarbeitsvertrag sind dabei insbesondere Vereinbarungen kollektivrechtlicher Natur, gesetzliche Regelungen, etwaige betriebliche Übungen und das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten. Obwohl diese Tatsachen das Thema der Einführung von Stellenbeschreibungen nicht direkt berühren, sollte sich die Geschäftsführung über die folgenden Zusammenhänge doch im klaren sein[2]:

  • Typische Anwendungsgebiete des Direktionsrechts sind Zeit, Ort und Art der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistung.
  • Ebenfalls zum Weisungsrecht wird die Möglichkeit des Arbeitgebers gezählt, Regelungen zur Ordnung des Betriebes (etwa Alkoholverbote etc.) zu treffen.
  • Grundsätzlich gilt, dass das Weisungsrecht nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden darf.
  • Der Arbeitgeber ist bei der Ausübung des Direktionsrechts nicht auf ausschließlich arbeitsbezogene Weisungen beschränkt. Er kann auch Verhaltensregeln für die Durchführung der Arbeit sowie gegenüber den Arbeitskollegen aufstellen.
  • Grenzen des Direktionsrechts werden durch gesetzliche Vorschriften, kollektivvertragliche oder einzelvertrag­liche Vereinbarungen, eine evtl. Selbstbindung des Arbeitgebers sowie die Billigkeit gesetzt.
  • Eingriffe in das Gehalt des Arbeitnehmers sind durch das Direktionsrecht (sowohl unmittelbar als auch mittelbar) nicht möglich. Hier bleibt nur die Möglichkeit einer Änderungskündigung.
  • Je präziser der Arbeitsvertrag oder die sonstige für das Arbeitsverhältnis geltenden rechtlichen Grundlagen die Aufgaben sowie sonstigen Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers beschreiben, desto weniger Raum ist für ein extensives Direktionsrecht. Es empfiehlt sich also, die Ziele, Aufgaben und Befugnisse eines Mitarbeiters nicht im Arbeitsvertrag, sondern in der Stellenbeschreibung festzulegen und auf diese aus dem Arbeitsvertrag hinzuweisen (siehe das entsprechende Kapitel weiter hinten in diesem Buch).
  • Ein Arbeitnehmer kann durch bloße Weisung niemals verpflichtet werden, sittenwidrige oder gesetzlich verbotene Tätigkeiten auszuüben.

[1] Siehe auch Rainer Pietrzyk, Personal Check Book, 2. Aufl. Freiburg 2000, S. 183

[2] Nach Rainer Pietrzyk, Personal Check Book, 2. Aufl. Freiburg 2000, S. 28