Stellenbeschreibungen und Führungsstil

Stellenbeschreibungen wurden in Deutschland in den sechziger Jahren des zwanzigstern Jahrhunderts als Instru­mente der Führung und Organisation entwickelt und für die Bedürfnisse in Wirtschaftsunternehmen und Organisa­tionen zugeschnitten. Sie sind also, wie andere Instrumente der Führung und Organisation auch, Ausdruck und Ausfluss eines bestimmten Führungsstils: des kooperativen. Dieser hatte sich als geschichtlich notwendige Alternative zum diskreditierten autoritären Führungsstil alter Prägung herausgebildet. Inzwischen, nach mehr als einem halben Jahrhundert, hat die kooperative Führung den autoritären Führungsstil in Nischen im Handwerk und in handwerksnahen Bereichen sowie in Kleinunternehmen zurückgedrängt. In dem Maße, wie sich die kooperative Führung gerade bei gut ausgebildeten und selbstbewussten Menschen durchsetzte, distanzierten sich in aller Regel auch jene Führungskräfte wenigstzens nach außen hin von der autoritären Führung alter Prägung, die ihr im Inneren nach wie vor anhingen. Es wurden also häufig auch in Unternehmen Stellenbeschreibungen eingeführt, in denen nach wie vor autoritär geführt wurde. Freilich etablierte sich in solchen Unternehmen für dieses Führungsinstrument schnell die Bezeichnung “Aufgabenbeschreibung”, denn Ziele und Befugnisse fehlten in der Regel, und mehr als eine Auflistung von Aufgaben blieb häufig von dem, was eine Stellenbeschreibung hätte sein sollen, nicht übrig. So verwundert es nicht, dass die Struktur von Stellenbeschreibungen, ihre Funktion, ihre Handhabung und ihre Wirkung stark abhängig war und abhängig ist vom Führungsverständnis in einem Unternehmen, von der Unter­nehmenskultur und – und das darf man einfach nicht unter den Tisch fallen lassen – auch vom Bildungsstand der Menschen, die die Deutungshoheit in diesen Fragen hatten resp. haben.

Die Stellenbeschreibung bei autoritärer Führung

  • Legt lediglich fest, welche Aufgaben der Stelleninhaber zu erfüllen hat, grenzt jedoch nicht die damit verbundenen Befugnisse gegenüber dem Vorgesetzten ab. Sie bedeutet also für den Vorgesetzten keine Beschränkung seines Eingreifens in den durch die Stellenbeschreibung festgelegten Bereich seines Untergebenen.
  • Dem Vorgesetzten selbst wird durch die Stellenbeschreibung im autoritär geführten Unternehmen keine Beschränkung seines Handelns gegenüber seinem Untergebenen auferlegt. Seine autoritäre Stellung als Vorgesetzter bleibt voll erhalten.
  • Trotz Stellenbeschreibung trifft der Vorgesetzte selbst die Entscheidung, inwieweit er im Einzelfall seine “Untergebenen” – so pflegt man Mitarbeiter in diesen Unternehmen zu bezeichnen  – selbständig handeln und entscheiden lassen will.
  • Trotz Stellenbeschreibung kann der Vorgesetzte anordnen, dass keine Entscheidung vom Stelleninhaber getroffen wird, ohne dass er dazu vorher seine Zustimmung gegeben hat. Er kann bestimmen, dass alles über seinen Schreibtisch läuft.
  • Mit der Stellenbeschreibung ändert sich auch nichts an der Verantwortlichkeit des Vorgesetzten. Dem Wesen der autoritären Führung entsprechend bleibt er nach wie vor für alles verantwortlich, was im Bereich seiner “Untergebenen” geschieht.
  • Bei autoritärer Führung regelt die Stellenbeschreibung allenfalls die Pflichten des Untergebenen, nicht aber seine Rechte und Befugnisse.

Die Stellenbeschreibung bei kooperativer/partizipativer Führung

  • Konkretisiert den Grundsatz, dass jeder Mitarbeiter verpflichtet ist, im Rahmen seines Delegationsbereiches selbständig zu handeln und zu entscheiden.
  • Legt das Ziel der Stelle und die Aufgaben im einzelnen fest.
  • Regelt die Abgrenzung der Stellen nach allen Seiten.
  • Schreibt die Befugnisse des Stelleninhabers fest.
  • Regelt das Unterstellungs- und Überstellungsverhältnis des Stelleninhabers.
  • Regelt die Stellvertretungsfrage (aktive und passive Stellvertretung).
  • Ist die einzige unbestechliche und jederzeit überprüfbare Voraussetzung für eine klare Verantwortungszuweisung für den Stelleninhaber.
  • Bildet die sachliche Grundlage für das eigenverantwortliche Handeln des Stelleninhabers und gibt ihm nicht nur Pflichten, sondern auch Rech­te.